🌍 Plastic Credits  – Definition, Chancen, Risiken und Kritik, Studien AWI & World Bank

Lesezeit: 4 Minuten

Lösung oder Greenwashing?

Plastic Credits sollen Plastikverschmutzung ausgleichen – doch Studien der World Bank und des Alfred-Wegener-Instituts weisen darauf hin, dass ohne klare Standards Greenwashing droht.
Wie funktionieren Plastic Credits, welche Chancen bieten diese und warum echte Nachhaltigkeit sinnvoller wäre als Zertifikate.

Was sind Plastic Credits?

Plastic Credits sind handelbare Zertifikate, die eine bestimmte Menge an Plastik repräsentieren – meist Kunststoffe, die vermieden, gesammelt oder recycelt wurden. Die World Bank beschreibt diese als „übertragbare Einheit“, ähnlich wie CO₂-Zertifikate. Unternehmen können solche Credits kaufen, um ihre eigene Plastikbilanz zu verbessern. Die Idee dahinter: Wer Kunststoff in Umlauf bringt, soll Verantwortung dafür übernehmen und Projekte finanzieren, die Kunststoffe aus der Umwelt entfernen oder Recycling fördern.

Wie soll das funktionieren?

  • Ein Projekt sammelt oder recycelt Plastik.
  • Für die nachweisbare Menge werden Credits ausgestellt.
  • Unternehmen kaufen diese Credits und können auf diese Weise, ihre Plastiknutzung „ausgleichen“.

Die Idee dahinter: Mit diesem Geld wird Infrastruktur für Abfallwirtschaft aufgebaut – vor allem in Regionen, in denen Plastikmüll bislang unkontrolliert in die Umwelt gelangt.

Erste Erfahrungen und Kritik

Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) hat 2025 eine internationale Studie veröffentlicht, die vor den Risiken warnt. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass Plastic Credits die Plastik-Krise sogar verschärfen könnten. Denn sie ermöglichen es Unternehmen, weiterhin große Mengen Plastik zu produzieren, während sie sich durch den Kauf von Zertifikaten ein nachhaltiges Image verschaffen. Das Ergebnis wäre somit eher Greenwashing statt echter Veränderung.

AWI-Studie zu Plastic Credits (2025) – kurz zusammengefasst
(Pressemitteilung Alfred-Wegener-Institut, 02.06.2025)

Plastic Credits werden als Ausgleich für Plastikproduktion beworben – ähnlich wie CO₂-Zertifikate.
1. Studienergebnis: Laut Alfred-Wegener-Institut können sie die Krise verschlimmern statt lösen.
2. Hauptkritikpunkte:
a. Projekte werden oft auch ohne Credits durchgeführt – kein echter Mehrwert.
b. Plastik gelangt häufig wieder in die Umwelt.
c. Fehlender Schutz für Gemeinden und Ökosysteme.
d. Fehlerhafte Logik „Tonne für Tonne“-Vergleiche sind irreführend, da Kunststoffe sehr unterschiedlich sind.
3. Folgen: Gefahr von Greenwashing, Untergrabung politischer Maßnahmen und steigende Emissionen.
Fazit: Statt Kompensation braucht es eine Begrenzung der Plastikproduktion und klare Herstellerverantwortung.

Auch die World Bank weist darauf hin, dass es bislang keine einheitlichen Standards für Plastic Credits gibt. Unterschiedliche Definitionen und Nachweismethoden machen es schwer, ihre tatsächliche Wirkung zu überprüfen. Damit bleibt offen, ob sie wirklich einen Beitrag zur Lösung der Plastikverschmutzung leisten oder nur ein neues Marktinstrument sind.

Veröffentlichung World Bank “Unlocking Financing to Combat the Plastics Crisis”, 14.08.2024 (Auszug Pressemitteilung World Bank Group vom 14.08.2024)

1. Definition: Plastic Credits sind übertragbare Einheiten, die eine bestimmte Menge Plastik repräsentieren – gesammelt, recycelt, vermieden oder gemanagt.
2. Status: Bis Dezember 2023 wurden ca. 75.000 Plastic Credits in über 160 Projekten ausgegeben.
3. Einsatz: Meist freiwillig genutzt, teilweise aber auch in Extended Producer Responsibility (EPR)-Systeme (für erweiterte Herstellerverantwortung) integriert.
4. Potenzielle Vorteile:
a. Finanzierung von Projekten zur Reduktion von Plastikverschmutzung.
b. Wirtschaftlich tragfähige und skalierbare Lösungen.
c. Mehr Transparenz und Monitoring.
d. Beteiligung und Nutzen auch für Randgruppen.
5. Herausforderungen & Risiken:
a. Fehlende gemeinsame Standards und Mindestanforderungen.
b. Gefahr von Greenwashing bei unklaren Regeln.
c. Fokus auf nachgelagerte Maßnahmen (Sammlung, Recycling) statt auf Vermeidung von Plastikproduktion.
d. Geringe Nachfrage und niedrige Preise können Projekte unattraktiv machen.
e. Hohe Komplexität und Kosten schrecken kleine Unternehmen und marginalisierte Gruppen ab.
6. Empfehlungen der World Bank:
a. Stärkere Regelung durch den Staat mit Mindeststandards und Prinzipien.
b. Klare Preisgestaltung zur Marktstabilität.
c. Technische Unterstützung für marginalisierte Gruppen.
d. Integration in EPR-Systeme für erweiterte Herstellerverantwortung.
e. Förderung von Projekten, die Plastikproduktion und -konsum reduzieren.

Chancen und Risiken im Überblick

  • Chancen: Finanzierung von Recyclingprojekten, Aufbau von Infrastruktur, Bewusstsein für Plastikprobleme.
  • Risiken: Greenwashing, fehlende Standards, Ablenkung von der eigentlichen Lösung – nämlich weniger Plastik produzieren und konsumieren.

Fazit

Plastic Credits sind ein interessantes, aber auch umstrittenes Konzept. Während die World Bank sie als mögliches Finanzierungsinstrument beschreibt, warnt das AWI eindringlich vor ihrer missbräuchlichen Nutzung. Für Konsumenten und Unternehmen bedeutet das: Genau hinschauen, ob hinter einem Credit wirklich eine nachweisbare Wirkung steckt – oder nur ein grünes Feigenblatt.

Quellen:

  • Alfred-Wegener-Institut (AWI Studie 2025 zu Plastic Credits),
    “Unpacking plastic credits: Challenges to effective and just global plastics governance.” One Earth (2025).
  • World Bank (Definition und Bericht zu Plastic Credits 2024)
    “Unlocking Financing to Combat the Plastics Crisis – Opportunities, Risks, and Recommendations for Plastic Credits” (Juni 2024).

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